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Titel
Mani Matter und die Liedermacher. Zum Begriff des Liedermachers und zu Matters Kunst des Autoren-Liedes


Autor(en)
Hammer, Stephan
Erschienen
Bern 2010: Peter Lang/Bern
Anzahl Seiten
453 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Samuel Mumenthaler

Über keinen Schweizer Chansonnier, Liedermacher, Sänger – und über wenige Literaten– ist in letzter Zeit so viel geschrieben worden wie über den Berner Hans Peter «Mani» Matter. Kein Wunder, hat Matter doch mit seinen aufs Maximum reduzierten Liedern die bernische Mundart erfolgreich entschlackt, modernisiert und auch für ein Publikum ausserhalb der Kantonsgrenzen zugänglich gemacht. Mit seinen raffinierten «Lumpeliedli» hat er den Damm gebrochen für eine wahre Flutwelle von Mundartliedern, die allerdings erst 20 Jahre nach seinem Unfalltod im Jahr 1972 richtig losbrach. Der Germanist, Philosoph und Historiker Stephan Hammer kommt in seiner in Buchform veröffentlichten Dissertation Mani Matter und die Liedermacher dennoch zum Schluss, dass eine gründliche Analyse von Matters literarischem Werk bisher noch aussteht. Sein Buch erschien allerdings vor der – persönlich gehaltenen – Biografie von Wilfried Meichtry1 und den erhellenden Cambridge-Tagebüchern von 1967, in denen Matter selber (wenn auch posthum) wertvolle Einblicke in den Entstehungsprozess seiner Lieder und in sein komplexes Denken gewährt. Hammers Bemerkung bezog sich auch auf die Quellenlage: Noch ist nicht der ganze Nachlass öffentlich zugänglich, was eine umfassende Würdigung erschwert.

Stephan Hammers Arbeit ist die bisher am strengsten nach wissenschaftlichen Grundsätzen geschriebene Abhandlung über Matters Oeuvre als Chansonnier. Sie will insbesondere ein Licht auf die Wechselwirkungen werfen, die Matter und der Zirkel der ihn umgebenden und beeinflussenden «Liedermacher» aufeinander ausübten. Das Werk dieser sich selber meist nur mit der Nylonsaiten-Gitarre begleitenden Sänger bezeichnet Hammer als «plurimedial vermittelte und in Programmen organisierte, mehrheitlich von Autorenliedern geprägte Kunstform». Die Lektüre fällt gerade wegen Hammers wissenschaftlichem Anspruch nicht immer leicht, auch wenn hier wichtige Bezüge zu anderen Musikschaffenden und Autoren geschaffen und eigenständige Bestimmungsversuche gewagt werden. Manchmal ist das wissenschaftliche Korsett allerdings doch etwas zu eng geschnürt, um Matters Liedern, die ja selber quasi als Ausfalltor aus der wissenschaftlichen Arbeit des hochbegabten Juristen dienten, gerecht zu werden. Was der Abhandlung fehlt, ist jener ebenso träfe wie hintersinnige Humor, ohne den Matters Lieder kaum ein so breites und lang anhaltendes Echo gefunden hätten. Was allerdings, trotz einer Nachbearbeitung durch den Autor, an der wissenschaftlichen Übungsanlage liegen dürfte.

Trotzdem ist Mani Matter und die Liedermacher ein wichtiges Grundlagenwerk. Erstmals hat ein Autor die überlieferten Chansons systematisch erfasst, von den frühen, noch etwas holprigen Pfadisongs über die bis ins Detail durchkomponierten, dialektischen Meisterwerke der späten Sechzigerjahre bis zum nachdenklichen Spätwerk, das sich vom Zwang des Reims und den Ansprüchen eines breiten Publikums zu emanzipieren begann und zum Teil erst nach Matters Tod veröffentlicht wurde. Informativ sind auch die Interviews mit Matters Sängerkollegen von den «Berner Troubadours», von denen heute drei nicht mehr leben. So ist eine wichtige Basis geschaffen für künftige Arbeiten über das Werk eines aussergewöhnlichen Sprachkünstlers, dessen Pionierarbeit mit dem eigenen Dialekt noch lange nachwirken wird – vom Kinderzimmer bis in den Vorlesungssaal.

1 Siehe die Rezension in BEZG 75, 3 (2013), 64 – 66.

Zitierweise:
Samuel Mumenthaler: Rezension zu: Hammer, Stephan: Mani Matter und die Liedermacher. Zum Begriff des «Liedermachers» und zu Matters Kunst des Autoren-Liedes. Bern: Peter Lang 2010. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 76 Nr. 1, 2014, S. 57-58.

Redaktion
Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 76 Nr. 1, 2014, S. 57-58.

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